Mein Jahr mit den Steinkäuzchen
- sabineumhauer
- 4. Sept.
- 6 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 6. Sept.
Eulen und vor allem Steinkäuze haben mich schon immer fasziniert.
Es ist daher nicht verwunderlich, dass ich bei meinen Fototouren immer nach diesen wundervollen Kreaturen Ausschau gehalten habe.
Ich mache es kurz!
Jahre habe ich gesucht und es wurde schon zum Tick, sämtliche Bäume, Pfähle, Schuppen und jedes nur entfernt mögliche Gelände nach den Steinkäuzen abzusuchen. Leider immer erfolglos und ich war schon so weit den Steinkauz als Mythos abzustempeln.
Eine gute Bekannte sagte einmal zu mir: "Sabine, Eulen kannst du nicht finden! Sie finden Dich!"
Nun ja, ich hatte meine Hoffnung schon aufgegeben und hielt mich an das Motto:
"Nimm was dir die Natur gibt und mach das Beste daraus!"
Bis zu diesem wunderbaren Abend im August 2024.
Ich fuhr auf gut Glück zu einem Gelände, auf dem ich einen Steinkauz vermutete und machte es mir in meinem Auto gemütlich.
Da gebe ich euch schon einmal den kleinen Tipp! Wenn ihr zum Birdwatching geht, nehmt ganz viel Zeit, Geduld und Ruhe mit. Setzt euch irgendwo versteckt hin und wartet. Ich habe ganz oft was zum Lesen dabei. Da komme ich gut runter und mit der Zeit kann ich ganz entspannt die Gegend beobachten.
Ich sitze also in meinem Auto und was entdecke ich da beim Umsehen?

Da steht dieser kleine Kobold keine 4 Meter von mir entfernt auf einem Rebpfahl. Mein Herz schlug mir bis zum Hals und ich muss ehrlich sagen, das war wie Weihnachten, Ostern und Geburtstag zusammen.
An diesem Abend war ich wohl der glücklichste Fotograf ever ;-)
Am nächsten Tag ging ich - noch immer total happy von dieser Begegnung - in den Weinberg. Ich weiß noch, es war ein heißer Tag und ich bin etwas früher in die Mittagspause gegangen. Ich fahre also ganz unbedacht nach Hause, vorbei an einem Gelände auf dem auch Schuppen stehen und schon in einiger Entfernung denke ich: WAS IST DENN DAS???
Sitzt da etwa ein Kauz auf dem Dach?

Ihr könnt euch vorstellen, das war doch einfach unglaublich. JAHRELANG suche ich diese zauberhaften Kobolde und dann 2 Tage hintereinander dieses wahnsinnige Glück. Dazu war ich dieses Mal ja quasi vor meiner Haustür.
Perplex hielt ich an und da ich ja meine Kamera immer dabei habe, musste ich natürlich gleich fotografieren.
Ich guck mich dazwischen noch etwas um und was entdecke ich an der Schuppenseite?

Ganz schüchtern blinzelt da ein weiteres Käuzchen aus dem Holzhaufen.
Jetzt weiß ich, das waren Ästlinge, die aus der Bruthöhle ausgezogen waren, aber immer noch von ihren Eltern ver- und umsorgt wurden.
Ich konnte mein Glück nicht fassen.
An diesem Tag begann ein absoluter Wunschtraum in Erfüllung zu gehen.
Von diesem Tag an habe ich jeden Tag die Steinkäuze besucht.
Die ersten Tage waren extrem aufregend. Ich wusste ja nicht, wie lang mir das Glück hold blieb und so war ich an manchen Tagen 2-3 x vor Ort. Ich bin immer in meinem Auto sitzen geblieben und das selbstverständlich in gebührendem Abstand. Da ich so oft vor Ort war, wurde ich mit der Zeit als dazugehöriges Objekt akzeptiert und ich konnte immer näher kommen.
Das war einfach eine wundervolle Zeit. Wann immer ich Zeit hatte, besuchte ich die kleine Familie und sie ließen mich an ihrem Leben teilhaben.
Aber selbst die liebevollsten Steinkauz Eltern schicken irgendwann ihre Schützlinge in ihr eigenes Leben und von einem Tag auf den Anderen war kein Steinkauz mehr zu entdecken.
Trotzdem bin ich jeden Tag wieder hingefahren und habe dann per Zufall ein Elternteil auf einem Baum entdeckt.

Manchmal waren beide Käuze sichtbar und bei einer dieser seltenen Gelegenheiten konnte ich auch einen entscheidenden Unterschied zwischen den beiden erkennen. Eines der Käuzchen war beringt, sodass ich anhand des Fotos die darauf befindlichen Informationen auslesen konnte.
Nach Recherche war dann auch klar, das beringte Käuzchen ist ein Weibchen, geboren 2018 in einem Kaiserstuhlort etwa 12 km von ihrem jetzigen Wohnort entfernt.
Für mich war von da an immer gut erkennbar, wen ich vor mir hatte. Mit Ring am rechten Fang ist das Weibchen. Das Männchen ist unberingt. Somit bekamen die zwei auch gleich ihre Namen. Luise und Casanova :-)
Ich fuhr weiterhin jeden Tag zu dem Käuzchenbaum. Mittlerweile war meistens nur noch Luise da. Aber es machte mir einfach Freude vor dem Baum zu sitzen und die Kleine zu beobachten und selbstverständlich auch zu fotografieren.
Da ich von Luise total akzeptiert wurde, konnte ich ganz nahe kommen. Mir genügte es nur Blickkontakt mit diesem herrlichen Vogel zu haben. Selbst heute noch ist das für mich die pure Entspannung und hat einen meditativen Wert.

Im März war dann Casanova wieder öfter zu Besuch. Jetzt wurde es spannend. Ob mich die Zwei auch während ihrer Balz akzeptieren würden? Ich war gespannt.

Sobald es Richtung Dämmerung ging, machte ich mich auf zu den Käuzchen.
Es war immer das gleiche Ritual zu erkennen.
Wie zu jedem Date wurde erst einmal eine gründliche Körperpflege zelebriert. Jedes einzelne Federchen wurde durch den Schnabel gezogen und zurecht gelegt. Diese Schönheitspflege dauerte mindestens eine halbe Stunde und irgendwann flog Luise dann auf einen äußeren Ast und wartete. Anfangs flog sie nach kurzer Zeit davon und ließ mich enttäuscht zurück. Aber schon recht bald blieb sie auf ihrem Ast sitzen und Casanova kam zu ihr.
Jeder auf einem eigenen Ast sitzend, putzten sie sich und warfen sich zwischendurch bedeutende Blicke zu. Ich mag mich täuschen, aber mir kam es vor, als würde Luise den Ablauf bestimmen.
Ich konnte tatsächlich mehrere Paarungen beobachten.
Jetzt hieß es abwarten.................
In der Brutzeit war Luise eher selten zu sehen. Ab und an habe ich sie am frühen Morgen gesehen. Die meiste Zeit saß Casanova in dem Baum zur Wache. Das war ja nun eine neue Situation. Luise war meine Anwesenheit gewohnt. Würde Casanova mich auch akzeptieren? Meine Bedenken waren bald zerstreut, auch für ihn gehörte ich zur Umgebung.
Es gab Situationen, da hatte ich sogar das Gefühl, dass er absichtlich sehr nahe kam, um mich genauer zu betrachten. Dabei schlug mir das Herz jedes mal so stark, ich befürchtete schon, er könne es hören. Einem Steinkauz aus nur 2 bis 3 Metern Entfernung direkt in die Augen zu schauen, ist wirklich ein ganz besonderes Erlebnis.


Es wurde Juni und ich wurde langsam ungeduldig. Luise war jetzt auch wieder öfters zu sehen, was für mich bedeutete, ihre Brut ist schon aus dem Gröbsten raus, oder schlimmstenfalls hat es nicht geklappt.
Beide Steinkäuze waren aber sehr oft präsent und einer war immer ganz nahe bei dem Baum.
In dieser Zeit hatte ich wirklich viele aussergewöhnliche Momente mit den Zweien. Ich durfe Casanova beim "Staubbaden" beobachten, Luise bei der Regendusche.
Ich erinnere mich auch noch gerne an diesen verregneten Sonntagmorgen, als die Zwei ein köstliches Frühstücksbuffet auf der Straße hatten. Diese war nämlich gespickt mit Regenwürmer. Es war einfach herrlich, wie sie in Steinkauzmanier auf der Straße auf und ab spazierten und die Leckerbissen einsammelten.
Eines Tages kam dann Casanova mit einer Maus angeflogen und hat diese Luise übergeben. Da stand für mich fest, hier werden auch bald Ästlinge zu sehen sein.

Am 21. Juni war es dann soweit.
2 zauberhafte Ästlinge kamen aus der Bruthöhle.



Es war wirklich berührend, mit welcher Liebe und Fürsorge der Nachwuchs umsorgt wurde.

Ich konnte nie beobachten, dass Casanova die Kleinen gefüttert hat. Er brachte das Futter immer Luise und sie gab es an die Kleinen weiter.

Zu Anfang waren die zwei Jungen noch sehr scheu und vorsichtig unterwegs. Mit der Zeit wurden sie jedoch mutiger. Ich durfte ihre ersten Flugversuche miterleben. In dieser Zeit war immer ein Elternteil ganz nahe anwesend.
Mitte Juli begannen dann die Elternvögel ihren Nachwuchs vom Baum zu locken.
Ein großes Abenteuer für die kleinen Käuze. Da gab es so viele Gefahren. Katzen waren jetzt vermehrt in der Umgebung auf der Pirsch. Ein Rotmilan zog immer wieder seine Kreise und eine Zeit lang war auch ein Bussard ständig auf Ansitz.

Das konnte die Zwei jedoch nicht davon abhalten die große Welt zu erkunden.
Mittlerweile ist jetzt September und ich habe die jungen Käuze schon eine Weile nicht mehr gesehen. Auch Casanova ist zur Zeit nicht präsent.
Luise allerdings sitzt wieder in ihrem Lieblingsbaum und genießt ihre Ruhe.
Man sieht ihr die arbeitsreiche, aufregende Aufzuchtzeit an. Sie ist gerade in der Mauser.
Ich bin mir jedoch sicher, wenn es im Februar/März wieder zur Balz kommt, sieht sie wieder aus wie der junge Frühling.
Ich werde die lieb gewonnenen Besuche bei meinen Käuzchen auch weiterhin fortführen und hoffe, noch viele wundervolle Begegnungen erleben zu dürfen.


































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